Kontaktlinsen

Die Idee, das Brillenglas zu verkleinern und direkt auf das Auge zu bringen, existiert schon seit Leonardo da Vincis Zeiten. Erste Versuche mit Glasschalen wurden Ende des 19ten Jahrhunderts vorgenommen. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen die ersten Kunststoff-Produkte auf den Markt, 25 Jahre später die ersten weichen Kontaktlinsen. Intensive Forschung und Entwicklung machen Kontaktlinsen immer vielseitiger einsetzbar und leichter verträglich. Voraussetzungen zum Kontaktlinsentragen sind die individuelle Eignung (Beschaffenheit Auge und Tränen) sowie die Breitschaft zur konsequenten hygienischen Handhabung.

Sehkorrektur mit Kontaktlinsen

Da Kontaktlinsen direkt auf dem Auge liegen (bzw. auf dessen Tränenflüssigkeit schwimmen), ermöglichen sie ein ungehindertes, freies Blickfeld. Während eine Korrektionsbrille sowohl das Gesehene wie auch die Augen der Trägerin/des Trägers immer leicht vergrössert (übersichtig) oder verkleinert (kurzsichtig), liefern Kontaktlinsen ein 1:1-Abbild der Umwelt. Wer das Brilletragen gewohnt ist und auf Kontaktlinsen wechselt, wird darum allenfalls ein besseres räumliches Sehen empfinden. Nicht zuletzt daher entscheiden sich viele Sportler/innen für Kontaktlinsen.
Mit Kontaktlinsen können sowohl Über- wie Kurzsichtigkeit als auch Hornhaut-Verkrümmungen korrigiert werden. Auch für Alterssichtige gibt es Kontaktlinsen mit Fern- und Nahkorrektur.

Jedes Auge ist anders

Welche Kontaktlinsentypen geeignet sind, kann nur eine umfassende Abklärung durch einen qualifizierten Anpasser ermitteln. Dabei spielen neben physiologischen Gegebenheiten (Beschaffenheit von Horn- und Bindehaut, Menge und Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit etc.) auch die Erwartung und die „Hygienebereitschaft“ des Trägers/der Trägerin eine wichtige Rolle.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Kontaktlinsentragen sind eine qualifizierte Anpassung, eine regelmässige Kontrolle von Augen und Linsen sowie der nötige hygienische Umgang im Alltag.

Kontaktlinsen-Unterschiede

Kontaktlinsen unterscheiden sich bezüglich:

  • Materialeigenschaften: Hart (formstabil) oder weich; gasundurchlässig oder durchlässig; wasserhaltig oder nicht wasserhaltig
  • Grösse: Harte/flexible Linsen haben, je nach Sitz auf dem Auge, einen Durchmesser von 8-11 mm und bedecken die Hornhaut nicht ganz. Weiche Linsen sind grösser als die Hornhaut (12-15 mm Durchmesser).
  • Flächenform: In der Regel sind Kontaktlinsen rund; es gibt aber auch ovale und andere spezielle Formen.
  • Flächenaufbau: Formstabile wie weiche Kontaktlinsen gibt es in unterschiedlichen Flächenformen.
  • Tragedauer: Je nach System/Anwendung

Harte und weiche Kontaktlinsen

Je nach Eignung, geforderter Sehkorrektion und individuellen Tragewünschen gibt es Kontaktlinsen in unterschiedlichster Ausführung. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen formstabilen und weichen Typen.

Formstabile (harte) Kontaktlinsen haben eine feste, genau definierte Form, sind aber biegsam und flexibel (daher ist der Begriff harte Kontaktlinsen nicht mehr angebracht). Die modernen Materialien sind sehr sauerstoff-durchlässig, was lange Tragezeiten ermöglicht. Da sie kaum Flüssigkeit aufnehmen, können formstabile Kontaktlinsen bei entsprechender Pflege über ein Jahr lang getragen werden. Ihre Festigkeit bedingt vom Auge her anfänglich eine gewisse Angewöhnung.

Weiche Kontaktlinsen nehmen Tränenflüssigkeit in sich auf und schmiegen sich dem Auge nahezu an. Ihre Spontan-Verträglichkeit ist sehr gross. Durch die Aufnahme von Flüssigkeit (und der darin enthaltenen Stoffwechselprodukte, Schmutzpartikel, Keime) beschränkt sich jedoch auch die Einsatzdauer der Kontaktlinse – je nach Produkt und Träger/in auf sehr individuelle Werte, die bei der Anpassung genau abgeklärt werden. Das Spektrum des Angebots umfasst Eintageslinsen und Lösungen für verschiedene Austausch-Intervalle: Gewisse Kontaktlinsen-Typen müssen alle zwei Wochen, andere monatlich, dreimonatlich, halbjährlich oder jährlich ausgetauscht werden.

Ob Einweglinse, weiche Austausch- oder Dauertraglinse oder formstabile Linsen: Alle Kontaktlinsen sind Präzisions-Produkte, hergestellt aus speziell entwickelten und klinisch erprobten Kunststoff-Materialien.

Bivisuelle Kontaktlinsen

  1. Zone für das Sehen in die Ferne
  2. Zone für das Sehen in die Nähe

Wie bei den Bifokalbrillen gibt es auch bei den Kontaktlinsen verschiedene zweiteilige, „alternierende“ Systeme. Da hier die Zentrierung in die Nähe und in die Ferne sehr präzise sein muss, wird etwas Geduld benötigt, bis man sich mit dieser Linsenart wohl fühlt. Meist sind auch einige Anpassungssitzungen nötig bis alles stimmt. Grundsätzlich haben diese hauptsächlich formstabilen Kontaktlinsen aber die gleichen Vor- und Nachteile wie die Bifokalbrillen.

Vorteile

  • Optisch saubere Trennung der beiden Stärkenbereiche
  • Kontrastreiches Bild

Nachteile

  • Anpassung und Eingewöhnungszeit individuell verschieden; können durchaus bis sechs Monate benötigen
  • Zwischendistanzen fehlen

Multifokale Kontaktlinsen

  1. Zone für das Sehen in die Ferne
  2. Zone für mittlere Distanzen
  3. Zone für das Sehen in die Nähe

Grundsätzlich entsteht bei diesem Verfahren immer gleichzeitig ein Fern- und Nahbild. Über Anpassung und Training lernt das Gehirn bzw. das visuelle System des Trägers, nur das jeweils benötigte Bild wahrzunehmen und das andere zu unterdrücken. Multifokale Systeme werden meistens als weiche Kontaktlinsen angeboten.

Vorteile

  • Die Eingewöhnungszeit ist individuell unterschiedlich, meistens aber viel kürzer als bei den alternierenden Linsen
  • Man sieht nach unten wie nach oben in Nähe und Ferne scharf
  • Diese Linsen sind relativ dünn und damit auch recht komfortabelere Trennung der beiden Stärkenbereiche

Nachteile

  • Nicht alle Sehfehler können mit dieser Linsenart korrigiert werden
  • Bei weit offener Pupille (nachts) stören die beiden Bilder einander (zum Autofahren nachts sind die meisten dieser Linsen nicht geeignet)
  • Das vorhandene Licht wird immer auf beide Bilder verteilt. Das bedeutet, dass langes konzentriertes Arbeiten auf Nahsicht oder das Lesen von kleinen Schriften mit wenig Licht anstrengend und ermüdend ist.

Kosmetische Kontaktlinsen

Eine neue Augenfarbe gewünscht? Ein buchstäblich flammender Blick oder Reptilienaugen? Kosmetische Kontaktlinsen mit oder ohne Korrektion machen’s möglich. Zu beachten ist, dass farbige Linsen das Sehvermögen reduzieren (nachts nicht Autofahren!) und mit dem Auge genauso eine Wechselwirkung eingehen wie Korrektions-Kontaktlinsen. Ohne fachkundige Anpassung kann das Tragen solcher Linsen leicht ins Auge gehen!
Beachten Sie hierzu das Merkblatt des Bundesamtes für Gesundheit BAG

Orthokeratologie (Nachtlinsen)

  1. Hornhaut
  2. Orhtokertatologie-Kontaktlinse

Die Hornhaut hat grossen Einfluss darauf, ob das Gesehene präzise auf unserer Netzhaut abgebildet wird. Die Orthokeratologie nutzt diesen Umstand, in dem sie die äusserste Schicht der Hornhaut quasi zu einer Linse formt. Im Unterschied zu operativen Methoden wird das Auge dabei nicht dauerhaft verändert. Die Modellierung, die mittels nachts getragener Spezialkontaktlinsen erzielt wird, hält nur ein bis zwei Tage, dann hat sich die Hornhaut wieder zurückgebildet. Durch regelmässiges Tragen (meisten während des Schlafens) bleibt die Sehschärfe Tag und Nacht sehr stabil. Kurzsichtigkeiten bis -8.0, Weitsichtigkeiten bis +1.50 sowie die häufigsten Hornhautverkrümmungen und Altersichtigkeit (Presbiopie) können mit Ortho-K-Linsenn korrigiert werden und ermöglichen somit, dass man ohne Sehhilfe durchs Leben gehen kann. Ausser den Speziallinsen über Nacht, mit denen man übrigens ebenfalls sehen kann, braucht man weder Brille noch Kontaktlinsen zu tragen

Lange war die seit Jahrzehnten bekannte Orthokeratologie ein aufwendiges und langwieriges Verfahren. Mit den harten, gasundurchlässigen Linsen-Materialien, die früher zur Verfügung standen, waren einige verschiedene Modellierungen nötig, um die Vorderfläche des Auges nach und nach neu zu gestalten. Es dauerte viele Monate ehe man zum Ziel kam. Moderne sauerstoffdurchlässige Kontaktlinsenkunststoffe und computergesteuerte Messtechnik haben das Verfahren enorm beschleunigt. Die Form der Hornhaut wird in mehr als 20.000 Punkten vermessen und analysiert, bevor (nach Prüfung einer Reihe weiterer Faktoren), der Grad der Modellierung definiert wird. Ortko-K-Linsen flachen das Zentrum der Hornhaut zwischen 3 und 30 Mikrometer ab. Zum Vergleich: Ein Haar ist 125 Mikrometer dick. Die Ortho-K-Sehkorrektion ist vollständig reversibel. Setzt man die Nachtlinsen wieder ab, formt sich die Hornhaut innert Kürze wieder in ihre ursprünglichen Form zurück.

Nicht anwendbar bei:

  • Übersichtigkeit über +1.50 dpt
  • Kurzsichtigkeiten über -8.00 dpt
  • krankhaft trockenen Augen
  • Augeninfektionen
  • krankhaften Veränderungen der Augenform

Kontaktlinsen-Anpassung

Auch bei einer Kontaktlinsen-Anpassung ist die optometrische Bestimmung der Korrektionswerte ein wesentlicher Teil des Vorgangs (siehe „Augenoptik und Optometrie“). Darüber hinaus muss der/die Kontaktlinsenspezialist/in noch eine Reihe weiterer, für das Tragen von Kontaktlinsen relevanter Aspekte am Auge abklären wie z.B. die Beschaffenheit und Form der Hornhaut und der Tränenflüssigkeit.
Erst wenn sich der Anpasser über den Zustand der Augen genau ins Bild gesetzt hat, kann er den jeweils idealen Linsentyp bestimmen bzw. empfehlen. Dabei spielen auch die Wünsche und individuellen Voraussetzungen des Trägers (z.B. staubige Alltagsumgebung? Bereitschaft zur richtigen Pflege eines bestimmten Linsentyps u.v.a.m.) eine massgebende Rolle. Die neuen Träger mit allem nötigen Wissen zur Handhabung zu instruieren, und den Sitz sowie die Verträglichkeit der Linsen regelmässig zu kontrollieren, runden die augenoptische Dienstleistung der Kontaktlinsenanpassung und -versorgung ab.

Kontaktlinsen-Alltag

Kontaktlinsen müssen mit speziellen Lösungen gepflegt werden, die nicht nur material- bzw. produktverträglich sondern auch augenverträglich sind. Wie alle Kunststoffe neigen Kontaktlinsen zu Ablagerungen. Weiche Kontaktlinsen können durch ihre schwammartige Struktur zusätzlich Bestandteile des Tränenfilms und flüssige Stoffe, die mit der Linse in Kontakt kommen, in sich aufnehmen. Werden diese Ab- und Einlagerungen nicht regelmässig entfernt, können die Linsen verfärben und die Passform, die optische Qualität und die Langzeitverträglichkeit beeinträchtigt werden. Auch formstabile Kontaktlinsen müssen nach Weisung gepflegt werden. Gänzlich wartungsfrei sind nur Einwegkontaktlinsen. Zu Beachten beim Einsetzung und Herausnehmen: Keine rückfettenden Seifen, Hand- und Sonnencremes verwenden; Vorsicht auch bei Kosmetika, insbesondere, wenn diese wasserfest sind.

Kontaktlinsen und Medikamente

Kontaktlinsen schwimmen auf der Tränenflüssigkeit. Diese kann durch die Einnahme von Medikamenten in ihrer Menge und Zusammensetzung beeinflusst werden. Es gibt auch Stoffe, die sich bei ihrem Abbau über die Tränenflüssigkeit in der Kontaktlinse einlagern und aufs Auge wirken können. Vorsicht geboten ist u.a. bei Antibiotika, Antidepressiva und Antihistaminika sowie bei Beta-Blockern und hohen Calciumdosen. Fragen bzw. informieren Sie Ihren Kontaktlinsen-Anpasser!

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